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Frauenquote – positive Diskriminierung oder gerechtes Gleichberechtigungsinstrument?

Abstract

Der folgende Artikel befasst sich mit der gegenwärtigen Situation in Deutschland im Hinblick auf die Gleichbehandlung von Männern und Frauen im arbeits- und gesellschaftsrechtlichen Umfeld. Dabei sollen als Grundlage die entscheidenden Normen im Grundgesetz, Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG und Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG in den Blick genommen werden. Darauf aufbauend soll die Sinnhaftigkeit von Quotenregelungen diskutiert werden. Wenngleich es sowohl Pro- als auch Contra- Argumente gibt, überwiegen aus Sicht des Verfassers im Ergebnis Letztere. 

Einleitung

Die Gleichberechtigung von Männern und Frauen ist eine Thematik, die moderne Gesellschaften bis heute beschäftigt. Das Wahlrecht für Frauen, und auch im Übrigen gleiche Rechte für Frauen – vgl. Art. 3 Abs. 3 S. 1 Var. 1 GG – sind heute selbstverständlich. Jedoch sehen sich Frauen im Tatsächlichen auch heute noch gegenüber Männern benachteiligt. Dies kann im Hinblick auf ihre Karrieren etwa daran liegen, dass Frauen diejenigen sind, die Kinder bekommen, und sich oftmals stärker für deren Erziehung, sowie für den Haushalt engagieren. Von Gesetzes wegen soll dem weiblichen Geschlecht auch aus solchen Umständen kein Nachteil erwachsen. So heißt es in Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

Diese verfassungsrechtliche Vorgabe wurde auch einfachgesetzlich umgesetzt. So sind im Gesellschaftsrecht die sog. „Frauenquoten“ geregelt. Dabei wurde und wird im Wesentlichen mit Zielvorgaben gearbeitet. Seit einigen Jahren gibt es nun allerdings verbindliche Mindestquoten von Frauen (und Männern) i.H.v. 30% in Aufsichtsräten von größeren Unternehmen.1 Ähnliches ist aktuell auch für Vorstände geplant.2 Die Quoten werden von anderweitigen gesetzlichen Regelungen flankiert: Im Arbeitsrecht wird Frauen bei Einstellungsgesprächen, wenn der potentielle Arbeitgeber nach tatsächlicher oder geplanter Schwangerschaft fragt (was für ihn natürlich relevant ist, da in diesem Fall mit einer längeren Ausfallzeit der Arbeitnehmerin zu rechnen wäre), ein „Recht zur Lüge“ zugestanden. Frauen, die bereits in einem Arbeitsverhältnis stehen, werden durch das Mutterschutzgesetz geschützt. Der Europäische Gerichtshof3 hat entschieden, dass dieses sogar für Geschäftsführerinnen und Vorstände gilt.4 Darüber hinaus soll das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts verhindern.  

In Stellenausschreibungen findet sich inzwischen häufig eine Formulierung wie die Folgende: „Wir fördern Frauen und fordern sie deshalb ausdrücklich zur Bewerbung auf. In Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, werden Frauen bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt.“ (vgl. § 7 Landesgleichstellungsgesetz NRW). 

Gleichzeitig werden Frauen im Bereich des Arbeitsschutzes besonders berücksichtigt; sie müssen etwa nicht so schwer heben wie männliche Kollegen. 

Für die Diskussion der Frauenquoten selbst dürfte entscheidend sein, worauf es beruht, dass Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten bislang weniger präsent sind als Männer. Liegt es an unterschiedlichen Qualifikationen, oder am Bestehen von „Männerclubs“? Letzterenfalls könnte ein politisches Einschreiten gerechtfertigt sein. 

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Im Ausgangspunkt ist Art. 3 Absatz 3 Satz 1 Var. 1 GG zu begutachten. Aus der Förderung von Frauen ergibt sich eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu Männern. Diese ist zumindest nicht willkürlich, da sie dem Gedanken des Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG folgt („tatsächliche Durchsetzung der Gleichbehandlung von Männern und Frauen“). Jedoch gelten bei der an Personengruppen allgemein – und nicht an deren konkretes Verhalten – anknüpfenden Unterscheidungskriterien strengere verfassungsrechtliche Maßgaben: 

„Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen unterliegt der Gesetzgeber regelmäßig einer strengen Bindung. Nachzuprüfen ist dann im Einzelnen, ob für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Überdies sind dem Gesetzgeber desto engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann.“5 

Wie offen das gegenüber Art. 3 Abs. 1 GG spezielle Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG gegenüber Abwägungen ist, wird in der Literatur diskutiert. Das Bundesverfassungsgericht6 hat sich hierzu wie folgt geäußert: 

„Das Geschlecht darf grundsätzlich – ebenso wie die anderen in Absatz 3 genannten Merkmale – nicht als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern in erster Linie andere Ziele verfolgt.“7  

Danach ist nur „grundsätzlich“ eine Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts ausgeschlossen, in besonderen Fällen aber denkbar. Die gesetzliche Förderung aufgrund eines bestimmten Geschlechts ist aber nur dann zulässig, wenn das geförderte Geschlecht tatsächlich gesellschaftlich benachteiligt ist.8 Bei der Frage, ob tatsächlich eine gesellschaftliche Benachteiligung eines Geschlechts vorliegt und daher eine gesetzliche Förderung zulässig ist, ist dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative einzuräumen.9 

An das Geschlecht anknüpfende, differenzierende Regelungen sind grundsätzlich nur mit Art. 3 Abs. 3 GG vereinbar, soweit sie zur Lösung von Problemen, die ihrer Natur nach nur entweder bei Männern oder bei Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind.10 Dies dürfte im Ergebnis sehr selten anzunehmen sein. So äußerte das BVerfG etwa im Hinblick auf Tätigkeiten bei der Feuerwehr, dass die geringere Knochendichte und Muskelmasse von Frauen zwar bei Hebe- und Tragetätigkeiten von Nachteil sein können, jedoch dadurch kein genereller Ausschluss gerechtfertigt sei.11 Es komme eine individuelle Tauglichkeitsuntersuchung in Betracht.12 Zudem komme es vermehrt zu einer Technisierung der Vorgänge.13 Zwischenzeitlich auftretende Maximalbelastungen könnten in der Gruppe ausgeglichen werden.14 Gefährdungen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung könne durch Ausnahme- und Befreiungsregelungen hinreichend Rechnung getragen werden.15 

Fehlt es an zwingenden Gründen für eine Ungleichbehandlung, lässt sich diese nur noch im Wege einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht legitimieren.16 Insoweit kommt vor allem das erwähnte Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG in Betracht, das den Gesetzgeber berechtigt, faktische Nachteile, die typischerweise Frauen treffen, durch begünstigende Regelungen auszugleichen.17 

Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG enthält eine staatliche Schutzpflicht bzw. eine Staatszielbestimmung, wonach der Gesetzgeber den Auftrag hat, auf die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen hinzuwirken. Dies ändert jedoch nichts daran, dass bei jeder geschlechterfördernden Einzelregelung eine Abwägung zwischen dem verfassungsrechtlichen Auftrag zur Förderung der Gleichberechtigung (Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG) einerseits und dem Diskriminierungsverbot aufgrund des Geschlechts andererseits stattzufinden hat.18 

Bei eingriffsneutralen Maßnahmen kann bereits unmittelbar in Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG eine ausreichende Rechtsgrundlage für das Zurücktreten des Gleichbehandlungsanspruchs nach Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG zu sehen sein: 

„Die Notwendigkeit, für jeden Förderungsakt zu Gunsten des unterrepräsentierten Geschlechts eine gesetzliche Grundlage bereitzustellen, auch wenn Angehörige des tatsächlich privilegierten Geschlechts keinerlei Nachteil erleiden, würde dagegen die Realisierung des Gleichberechtigungsgebots wesentlich erschweren, ohne mit einem konkreten rechtsstaatlichen Gewinn verbunden zu sein.“.19 

Bestehende und geplante Frauenquoten

Wie eingangs erwähnt, gibt es die Frauenquote bereits für Aufsichtsräte. In § 96 Abs. 2 S. 1 AktG heißt es:  

„Bei börsennotierten Gesellschaften, für die das Mitbestimmungsgesetz, das Montan-Mitbestimmungsgesetz oder das Mitbestimmungsergänzungsgesetz gilt, setzt sich der Aufsichtsrat zu mindestens 30 Prozent aus Frauen und zu mindestens 30 Prozent aus Männern zusammen.“ 

§ 96 Abs. 3 AktG erweitert diese Regelung noch auf weitere Fälle. Für GmbHs gilt gemäß § 52 Abs. 2 S. 2 GmbHG eine weniger strikte Regelung, die aber gleichfalls auf eine Frauenquote von mindestens 30 % als Zielgröße abstellt. Bei GmbHs ist die Bestellung eines Aufsichtsrates fakultativ, d.h. nicht zwingend gesetzlich vorgeschrieben. Ähnliche Zielgrößenvorgaben gibt es bspw. auch bereits nach geltender Rechtslage für Vorstände von Aktiengesellschaften. 

Nunmehr ist ein Gesetzesvorhaben für eine verbindliche Frauenquote in Vorständen bereits auf den Weg gebracht. 

Frauenquote – sinnvoll oder nicht?

1. Was für eine Frauenquote spricht – Argumente der Politik 

Für das von der Politik gefundene Abwägungsergebnis sprechen die Benachteiligungen von Frauen in der Vergangenheit. Die daraus erwachsenen Strukturen müssen aufgebrochen werden. Es erscheint nur konsequent, dass wenn man sich dem Ziel der Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern verschreibt, dieses auch im Tatsächlichen umgesetzt werden soll. Die Politik kann letztlich nur anhand objektiv messbarer Umstände entscheiden, und die Zahlen der Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen sind weiterhin zu gering. Insbesondere haben die vor der jetzigen Regelung angewandten freiwilligen Selbstverpflichtungen der Unternehmen nicht die gewünschte Wirkung erzielt. Zudem wird zumindest der Leistungswettbewerb zwischen Frauen untereinander nicht beeinflusst. Im Hinblick auf den Leistungswettbewerb mit Männern könnte eine Bevorteilung von Frauen gerechtfertigt sein.20 Zudem kann aus Sicht der Politik die Unterrepräsentanz von Frauen als gesamtgesellschaftliches Phänomen heute nicht mehr auf deren mangelnde Qualifikation zurückgeführt werden.21 Sie stellten knapp die Hälfte der Hochschulabsolventen, und seien oftmals gar besser qualifiziert als Männer.22 Der niedrige Anteil von Frauen in Top- Gremien sei Folge „anhaltender Geschlechtsstereotype, verfestigter Strukturen, starker Vorurteile sowie arbeitnehmerunfreundlicher Unternehmens- und Behördenkulturen, die in besonderer Weise Frauen treffen“.23  

Es sei auch davon auszugehen, dass Frauen in Führungspositionen zum Erfolg von Unternehmen beitragen könnten. 

„Auch zeigen Studien, dass eine heterogene Zusammensetzung in Führungsgremien (Diversität) einen besseren Entscheidungsprozess gewährleistet und damit auch bessere wirtschaftliche Ergebnisse einhergehen können. Die im Jahr 2011 erschienene Studie „Frauen in Führungspositionen – Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg“ des Karlsruher Instituts für Technologie hat einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Anteil von Frauen in Aufsichtsräten und der Unternehmensperformance deutscher großer Aktiengesellschaften festgestellt. Danach existiert ein robuster, positiv signifikanter Performance-Effekt von Frauen in Aufsichtsräten bei allen Unternehmen, die bestimmte Unternehmenseigenschaften aufweisen. Dies gilt zum Beispiel für Unternehmen, deren Fokus auf dem Privatkundengeschäft liegt. Grund ist, dass diese Unternehmen eine hohe Legitimationspflicht nach außen haben. Die Kommunikation mit einem diversifizierten Kundensegment (Frauen und Männer) gelingt erfolgreicher mit einem Führungsteam aus Frauen und Männern. Ein positiver Performance-Effekt ist auch bei Unternehmen nachgewiesen, in denen ein prozentual hoher Anteil von weiblichen Mitarbeitern beschäftigt ist. Grund ist die erhöhte Legitimationspflicht nach innen, das heißt gegenüber der eigenen Belegschaft.“24  

Frauen könnten auch helfen, dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken.25 

2. Gegenargumente

Auf der anderen Seite sollten legislative Zwänge nur ausgeübt werden, wenn dies unbedingt erforderlich ist. Es ist zu berücksichtigen, dass in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit (Art. 12 GG) eingegriffen wird. Zudem bergen die über die Schaffung von Chancengleichheit hinausgehenden Regelungen die Gefahr, dass eine „positive Diskriminierung“ herbeigeführt wird, bzw. dass Männer effektiv benachteiligt werden. Dies könnte sich auch im Selbstwertgefühl der Frauen, die für den Vorstand oder Aufsichtsrat auserkoren werden, niederschlagen, dass es ihnen leichter gemacht wird als männlichen Kollegen. Denn neben das Kriterium der Qualifikation tritt das Kriterium der Geschlechtszugehörigkeit. Die Unternehmen haben unabhängig von ihren konkreten Bewerbern starre Quoten zu erfüllen. Zwar gilt die 30% – Quote etwa des § 96 Abs. 2 AktG auch für Männer, dies wirkt sich bei dem derzeitigen Status Quo jedoch vor allem zu Gunsten von Frauen aus. Damit wird Frauen auch fälschlicherweise signalisiert, dass sie sich weniger um ihre Qualifikationen und Umsetzungen ihrer Karrierepläne bemühen müssten. 

Ziel darf nur sein, ungleiche Chancen auszugleichen, nicht Parität herbeizuführen.26 Fraglich ist aber, ob tatsächlich Chancenungleichheit zwischen den Geschlechtern besteht. Dies ist eine ganz zentrale Frage: Worauf genau beruht die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen? Liegt es an der Qualifikation? Oder bestehen „Männerclubs“, die Frauen bewusst den Zugang versperren bzw. zumindest gerne Leute aus ihren (männlichen) Netzwerken einstellen? Diese Fragen lassen sich nicht allgemeingültig beantworten. Die Schlussfolgerung der Politik, dass bei der gegebenen Zahl an hochqualifizierten Frauen es unter „normalen Bedingungen“ eigentlich mehr Frauen in Führungspositionen schaffen müssten, greift insofern etwas zu kurz. 

Das Idealbild wäre natürlich, dass der Arbeitsmarkt die bestehenden Probleme von alleine lösen würde. Das weiß ohne Zweifel auch die Politik. Da Frauen aber tatsächlich fortlaufend in Führungspositionen unterrepräsentiert blieben, sah sie sich gezwungen, sich ein politisches Handlungsinstrumentarium auszudenken. Dabei ist das Abstellen auf die prozentuale Verteilung von Führungspositionen im Verhältnis Mann/ Frau eine gangbare Methode. Es wäre der Politik kaum möglich, in jedem Einzelfall genau zu überprüfen, warum ein Mann und nicht eine Frau für eine konkrete Position ausgewählt wurde. Da diese grobe Methodik nicht besonders zielgenau wirkt, kann man aber sicherlich ein Stück weit von „Aktionismus“ sprechen.  

In psychologischer Hinsicht sollte zudem berücksichtigt werden, dass manche Frau sich inzwischen gedrängt fühlt, der modernen Rollenverteilung zu entsprechen und Karriere zu machen, anstatt sich auf ihren Haushalt zu „beschränken“. Auch wenn der Trend im Großen und Ganzen in diese Richtung geht, dürfen der Individualismus, die Entscheidungsfreiheit des bzw. der Einzelnen, und die Vielschichtigkeit dieser Gesellschaft nicht außer Acht gelassen werden. Insoweit besteht die Gefahr eines Kulturstreits auch zwischen Frauen untereinander. Jedenfalls steht es der Politik nicht zu, ein Ideal zu formulieren, das sowohl Frauen als auch Unternehmen und Unternehmer bevormundet. Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass das Ziel nur die Gleichheit von Chancen sein sollte, nicht die durch Zwang herbeigeführte Durchsetzung bestimmter idealisierter objektiver Umstände. Frauen sollten nicht positiv diskriminiert, sondern jeder entsprechend seines individuellen Willens unterstützt werden. 

Einer freiheitlicheren Denkweise entspräche es, die gesetzliche Regulierung auf die Verhinderung von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts zu beschränken. 

Dies gilt etwa im Hinblick auf den Umstand, dass Frauen nun mal während ihrer Schwangerschaft und danach zunächst nicht arbeitsfähig sind. Hierfür gibt es das Mutterschutzgesetz. Zur Verhinderung von Diskriminierungen im Allgemeinen dient das AGG. Hierbei kann im Rahmen von Einzelfallbetrachtungen die gerechte Lösung gesucht werden, ohne dass „mit der Gießkanne“ alle berufstätigen Frauen durch verbesserte Aufstiegschancen übervorteilt werden. 

Was den Haushalt und die Kindererziehung angeht, ist es eine eigenverantwortliche Entscheidung, wenn eine Frau sich hierum (überwiegend/alleine) kümmert. Immerhin gibt es Alternativen: anderslautende Absprachen mit dem Partner/der Partnerin, Kita, Nanny. Insoweit ist die Situation für Mann und Frau im Prinzip dieselbe. Veraltete Gedankenstrukturen, nach denen die Frau für Haushalt und Kinder verantwortlich ist, müssen auf individueller Ebene durchbrochen werden. 

Fazit

In der Einführung von Frauenquoten liegt ein Eingriff in das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG zu Lasten von Männern, da Frauen in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind, bevorzugt behandelt werden. Dies kann aber im Hinblick auf Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG gerechtfertigt sein, wobei eine gründliche Abwägung stattzufinden hat.  

Bei der Frauenquote handelt es sich um ein politisches Werkzeug, das die Gründe für die Nichtberücksichtigung einer Frau im Einzelfall nicht aufzuklären vermag, sondern eher eine „grobe Richtung“ vorgibt. Zur Ehrenrettung der gesetzlichen Frauenquoten sei gesagt, dass sie zwar eine grobe Methodik statuieren, jedoch ihr Ziel, mehr Frauen in Aufsichtsräte und Vorstände zu bringen, im Großen und Ganzen „pushen“ dürften. Es ist ja auch nicht gesagt, dass die Frauenquoten für immer gesetzlich statuiert bleiben müssen. Sobald sich die gesellschaftlichen Verhältnisse dahingehend ändern, dass eine tatsächliche Gleichberechtigung – anhand welcher Kriterien auch immer – festgestellt wird, können die Gesetze auch wieder geändert werden. 

Auch das Bundesverfassungsgericht hält die derzeitigen Regelungen nicht für unveränderlich: 

„Der Wandel in den tatsächlichen Verhältnissen, der sich schon vollzogen hat und noch vollzieht, und die Angleichung der Rechtsordnung an die gebotene Gleichstellung von Frau und Mann lassen erwarten, dass die Umstände, welche die verfassungsrechtliche Prüfung unter dem Gesichtspunkt des Nachteilsausgleiches beeinflussen, im Laufe der weiteren Entwicklung an Bedeutung verlieren werden. Wann das der Fall sein wird und welche Folgerungen daraus zu ziehen sein werden, hat in erster Linie der Gesetzgeber zu beurteilen.“.27 

Ich persönlich würde mir jedenfalls wünschen, dass Frauenquoten gar nicht nötig wären, und dass Frauen und Männer von sich aus respektvoll und wertschätzend miteinander umgehen würden. Hier wären eigentlich jeder Mann und jede Frau, vor allem jene in leitenden Positionen, individuell gefordert. Da dies bislang leider nicht zu funktionieren schien, hatte die Politik einen Anlass, zu handeln. Dass Quoten oder andere Zwänge nicht das Ideal sein können, liegt dabei auf der Hand. 


[1]  Für welche Unternehmen dies im Einzelnen gilt vgl. § 96 Abs. 2, 3 AktG: v.a. für solche, für die das Mitbestimmungsgesetz, das Montan- Mitbestimmungsgesetz, oder das Mitbestimmungsergänzungsgesetz gilt.

[2] Bundesrat- Drs. 49/21, Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, S. 25, Artikel 7, Nr. 1 lit. a.

[3] Im Folgenden: „EuGH“.

[4] EuGH, Urteil vom 11. November 2010 – C-232/09 – „Danosa“. 

[5] Vgl. BVerfG, DVBl. 2008, 1500, 1502.

[6] Im Folgenden: „BVerfG“.

[7] BVerfGE 85, 191, 206 – Nachtarbeitsverbot, zit. nach Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages, WD 3 – 3000 – 220/14: „Verfassungsrechtliche Rechtfertigung von gesetzlichen Ungleichbehandlungen aufgrund persönlicher Merkmale“, S. 6.

[8]BVerfGE 74, 163, 180 – Altersruhegeld, zit. nach Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages, WD 3 – 3000 – 220/14: „Verfassungsrechtliche Rechtfertigung von gesetzlichen Ungleichbehandlungen aufgrund persönlicher Merkmale“, S. 7; BVerfGE 92, 91, 109 m.w.N. – Feuerwehrabgabe, zit. nach Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages, WD 3 – 3000 – 220/14: „Verfassungsrechtliche Rechtfertigung von gesetzlichen Ungleichbehandlungen aufgrund persönlicher Merkmale“, S. 9. 

[9] Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages, WD 3 – 3000 – 220/14: „Verfassungsrechtliche Rechtfertigung von gesetzlichen Ungleichbehandlungen aufgrund persönlicher Merkmale“, S. 10.

[10] Vgl. BVerfGE 85, 191 [207]. 

[11] BVerfGE 92, 91 – Feuerwehrabgabe

[12] ebd.

[13] ebd.

[14] ebd.

[15] ebd.

[16] Vgl. BVerfGE 85, 191 [209]

[17] Vgl. BVerfGE 74, 163 [180]; 85, 191 [207]

[18] Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages, WD 3 – 3000 – 220/14: „Verfassungsrechtliche Rechtfertigung von gesetzlichen Ungleichbehandlungen aufgrund persönlicher Merkmale“, S.7. 

[19] BVerwG, DVBl. 2003, 139.

[20] Vgl. hierzu: Bundesrat- Drs. 636/1/14, S. 4 f., Nr. 4.

[21] Bundesrat- Drs. 636/14, S. 1 f.

[22] Bundesrat- Drs. 636/14, S. 45.

[23] Bundesrat- Drs. 636/14, S. 46. 

[24] Bundesrat- Drs. 636/14, S. 47.

[25] Bundesrat- Drs. 636/14, S. 48. 

[26] Vgl. hierzu: Bundesrat- Drs. 636/1/14, S. 3 f., Nr. 4. 

[27] BVerfGE 74, 163, 180 f. – Altersruhegeld

Nikolas Brockow
Der Autor hat an der Philipps- Universität Marburg seine erste juristische Staatsprüfung erfolgreich abgelegt und beendete im Jahr 2020 seinen Vorbereitungsdienst am Landgericht Düsseldorf.

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